Freitag, 21. Januar 2011

Die verbotene Stadt

Vor mir, eine leere Seite.
In mir, so vieles das ich sagen will.
So viele Gefühle die keinen Namen haben
die ich nicht umschreiben kann
wie fang ich an?

Wenn ich zum Arzt gehe, fragt er oft nach meinen Beschwerden und ich schaue ihn an,
zucke mit den Schultern und kann die Schmerzen sehr schlecht beschreiben.
Die Gefühle, die ich im Moment empfinde zu beschreiben ist noch schwerer.
Noch vor etwas mehr als einem Jahr war alles anders, alles war klar und logisch strukturiert.
Ich war Herrscher meiner Welt mit Mauern, die höher und länger waren als die chinesische Mauer.
Diese Mauern hielten alles von mir ab. Ich arbeitete hinter ihnen,
ich verbrachte meine wenige Freizeit hinter ihnen und schlief durch sie beschützt ein.
Angriffen von außen war sie jederzeit gewachsen und wenn auch Mal ein
Steinchen leicht bröckelte wurde sie nie wirklich beschädigt.
Dahinter, in meiner verlorenen Stadt galten andere Regeln und die wurden durch mich erstellt.
Große Kriegsherren kamen, sahen die Mauer und gaben kampflos auf. Andere kämpften Jahre
und erreichten vielleicht, dass die Mauer einen kleinen Kratzer bekam
aber nichts was mir im inneren überhaupt auffiel.
Eines Tages zog eine große Seuche durch mein Land und ich machte mir Gedanken um die Menschen
außerhalb der Mauern, ging zu einem Medizinhandel um die nötigen Abwehrstoffe zu besorgen.
Wie das aber nun einmal so war, lag der Handel außerhalb meiner Mauern und ich
traute mich aus meiner verlorenen Stadt heraus.
Bei diesem Ausflug passierte es wohl, diese Infektion.
Es hat so was von Malaria, kommt in Schüben und ist eigentlich nicht zu heilen.
Ich erinnere mich, dass ich mich bereits vor über zwanzig Jahren mit dieser
Krankheit infiziert habe und denke zurück.
Wie war das?
Infiziert vor sehr langer Zeit, waren die Symptome damals noch nicht komplett sichtbar
obwohl sie da waren. In den folgenden Jahren schwächte es ab und ich begann sie zu verdrängen,
doch in Abständen von einigen Jahren begegnete sie mir wieder und rief sich in die Erinnerung.
Die Symptome waren immer da aber weniger intensiv und mir gelang es sie nach einigen Tagen,
mal mehr oder weniger erfolgreich abzuschwächen.
Vor einem Jahr veränderte sich dies.
Von dem Medizinhandel zurückgekehrt, vergaß ich die große schwere Tür in der Mauer zu schließen
und wieder fest zu verriegeln.
Damit schwächte ich meine Mauer und sie bekam ihr erstes kleines Loch.
Durch dieses Loch schwebte sie ein. Keine Wachen, die ich wohlweißlich aufgestellt hatte, waren ihr
gewachsen. Sie ging einfach so widerstandslos durch sie hindurch, dabei trug sie weder Machete
noch Schwert, weder Pistole noch Gewehr.
Sie vereinnahmte sie nur durch ihre Sanftheit und Anspruchslosigkeit.
Weder die Wachen waren dafür ausgebildet noch konnte meine kriegserprobte Mauer sie aufhalten
und so gelangte sie wieder zu mir.
Dieses Mal war ich vorsichtig und ich dachte, dass ich das schon beherrschen könne, doch weit gefehlt.
Heute bin ich schlauer.
Infiziert für den Rest meines Lebens, wie lange es auch immer dauert, dass war mir sehr schnell klar.
Was ich da allerdings noch nicht wusste war, in welcher Stärke es mich treffen würde. Das hätte damals
wohl auch meine Vorstellungskraft gesprengt.
Die Mauer fing an zu bröckeln ohne dass irgendjemand geschossen hätte und innerhalb eines Jahres war
sie fast vollständig weg.
Meine verbotene Stadt wurde besiedelt, ihr Boden urbar gemacht und sie begann zu blühen.
Innerhalb der Stadt wurden alle glücklicher und das traf auch auf mich zu.
In mir wächst etwas und wird immer größer, dieses Gefühl was ich nicht umschreiben kann aber es steckt
tief in mir drin. Manchmal fühlt es sich an als zerreiße es mich und ich stürze tief in einen Abgrund,
manchmal ist es wie ein Schweben, dann gleite ich über den Wolken.
Ich kann es nicht beeinflussen und will es auch gar nicht, denn wer den Abgrund kennt lernt die Wolken zu schätzen.
Ich werde damit leben, ohne Mauern, ohne Wächter und ohne verbotene Stadt.
Meine Krankheit heißt Liebe.
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oder warum es sich lohnt das Leben zu lieben

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